Hure vs. BILLA Feinkostverkäuferin

 

 

“Aber wieso? Wie bist du denn da hinein gerutscht? Du musst diesen Job doch nicht machen, du kannst sicherlich mehr? Kann ich dich retten oder dir helfen? Du Arme!”

Verdutzt blickt mich die Dame an der Feinkosttheke an. Ich bin mir sicher, die denkt sich, dass ich komplett irre bin. Solche Fragen hört sie normalerweise bestimmt nicht. Obwohl sie sich für 35 Stunden die Woche wirklich abrackert, hat sie sich diesen Job vermutlich selbst ausgesucht. Der Verdienst ist schätze ich, okay. Könnte besser sein, aber für Miete und alle anderen Ausgaben reicht es.

Als ich nachlege und sie frage, ob sie Single ist, ob ich die Semmel gratis bekomme, weil ich so leiwand bin und ob sie es geil findet wie ich die Semmel esse… platzt ihr langsam der Kragen.

“Was soll denn das nun?!” fragt sie mich leicht erbost.
Ja, was soll das eigentlich? Es war ein kleiner Test. Ich wollte sehen, wie jemand mit einem “normalen” Job auf diese Fragen reagiert (Hausverbot im Billa, Berggasse 26 in 1090 Wien war inklusive). Stell dir mal vor, jemand fragt dich sowas.
Was sagst du darauf?

Wieso fragt man das eine Sexworkerin?

Die Zeiten sind nämlich schon lange vorbei, in denen arme Hascherln von ihrem Zuhälter zu allerlei Sklavenarbeiten gezwungen wurden und immer darauf angewiesen waren, zumindest ein wenig Taschengeld zu erhalten. Die Mädels heutzutage sind selbstbestimmt und haben zumeist einen sehr hohen Lebensstandard. Dank Internet/Mail/SMS kann man direkt mit ihnen in Kontakt treten und sie in einem sauberen und geschützten Umfeld treffen. Einem Laufhaus zum Beispiel. Hier werden die Zimmer wochenweise an die Damen vermietet und ein gewaltbereiter Security ist immer in Rufnähe, sollte einer der Männer Probleme machen. Wieviel sie arbeitet, wen sie einlässt etc bleibt ihr selbst überlassen. Niemand wird ihr dreinreden, wenn sie den Mann mit dem verfaulten Gebiss der “sehr gerne leckt”, nicht bedient.

Wie wird man Sexworkerin?

Zur offiziellen Sexworkerin wird man indem man einen Amtsgang absolviert und sich schlichtweg anmeldet. Fad. Ich weiß. Kein Mafiapate. Kein Samtsofa mit Kampfhund. Nur eine Wachstube mit grauen Beamten.

Nach der Anmeldung hat man alle 6 Wochen eine gratis Gesundheitsüberprüfung zu absolvieren. Bluttest sowie eine kurze gynäkologische Untersuchung. Geht man dort nicht hin über einen Zeitraum von ca 3 Monaten wird man automatisch abgemeldet. Fertig.

Warum entschließt sich eine Frau dazu?

Darauf gibt es sicherlich keine Standard-Antwort. Nymphomaninnen sind es jedenfalls nicht. Traurig aber wahr. Selbst wenn das in vielen der unzähligen Werbeschriften steht. In erster Linie ist es das schnelle Geld. Eine Sexworkerin kann am Tag zwischen 200 und 2000 Euro verdienen. Je nachdem wieviel sie arbeitet und in welchem Preissegment. Sie teilt sich ihre Arbeitszeit selbst ein und kann auch die Kunden selektieren die sie annehmen möchte. Nichts ist nerviger für eine Professionelle als ein Kunde der am Telefon schon wie ein völliger Psychopath rüber kommt.

Mit Fragen wie “was kannst du denn besonders gut?”, “wie kann ich dich kontaktieren?” und “bist du jetzt geil?” bringst du sie vermutlich völlig aus der Fassung. Ich kann dir garantieren, deine käufliche Angebetete kennt ein paar sehr gute Flüche für dich und speichert dich flugs unter Gestört123 ins Telefon.

Wie ist das mit Partnern?

Fragt das bitte mal bei eurem Masseur, Gynäkologen oder vielleicht bei der Fusspflege.

Es ist ein Job. Kein alltäglicher. Kein angesehener. Aber trotzdem ein Job.

Keine Gefühle, keine Liebe. Nur Schauspielerei auf höchstem Niveau. Klar ist das nicht leicht für einen Partner. Eifersucht spielt bestimmt eine grosse Rolle. Aber gerade die ist nicht notwendig, denn, was sollte eine Prostituierte tun? Fremdgehen? Wegen dem Sex? Oder der Selbstbestätigung? Genau: NOT!

Da muss ich sagen, hat mich die Dame der Feinkostabteilung schon öfter angemacht mit einem süffisanten “…darfs noch ein bisserl mehr sein?”

 

Kinder, Kinder…

Viele der Mädels haben Kinder. Hier ist es allerdings eher die gehässige und scheinheilige Gesellschaft, die es diesen Kindern schwer macht, wenn vom Job der Mutter gehört wird.

Was genau macht diese Mutter zu einer schlechten Mutter? Und was genau kann ihr Kind dafür? Wir reden hier von einer normalen Frau mit normalen Bedürfnissen. Die Meisten der Prostituierten führen ein komplett biederes Leben.

Haus. Hund. Mann. Kind. (und eventuell ein grauer Skoda Kombi)

Im besten Fall kehrt man vor der eigenen Haustür, bevor man mit dem Finger auf jemanden zeigt. Statistiken besagen überhaupt, dass jeder 3. Mann schon mal bei einer Käuflichen war. Na, Mädels, wollt ihr mal kurz durch zählen?

Privatsphäre

In der U-Bahn:
“Hey, na Wahnsinn, dass ich dich hier treffe! Was machst du denn hier? Ist das dein Mann da neben dir? Ich wollte dir nur sagen… wow… also… mir hat noch nie jemand das Gurkerl so geil in die Semmel gelegt wie du. Wann arbeitest du denn endlich wieder? Kannst du dich an mich noch erinnern? Egon. Hab vor drei Wochen bei dir eine Käsewurstsemmel mit Gurkerl bestellt.”

Oder

“Ah. Gut, dass ich Sie hier treffe. Ich hab letztens ganz vergessen, Ihnen dieses ganz grausliche Stückerl Wurst retour zu geben. Es war nicht so nach meinem Geschmack… darf ich es Ihnen kurz zeigen… Moment… Sekunde… schauen’s mal… was meinen Sie dazu?”

Niemand würde das tun. Because it is ungut. In jedem Job. Job ist Job. Freizeit ist Freizeit. Wustverkäuferin Monika wird es nicht interessieren, was Egon bestellt hat. Weil’s wuascht is.

 

Alle depperten Fragen nun beseitigt?