Ich möchte freigekauft werden

Wie Edith Klinger schon eifrig plädierte “Bitte, bitte geben sie ihr eine Chance, holen sie sie da raus. Bitte, bitte, bitte. Sie ist so genügsam und sehnt sich nur nach einem liebevollen Zuhause.”
Warum also nicht mal hobbymässig ein paar der Prostituierten anschreiben und nachfragen, ob man sie da raus holen kann? Man gäbe ihnen ja auch ein liebevolles Zuhause und würde ihnen mit dem eigenen Gehalt ein tolles Leben in Freiheit ermöglichen! Das ist doch edelmütig. Sie müsste dafür nur ihren Mann verlassen, ihre Kinder vielleicht auch… oh… und täglich Sex wäre gut. Vielleicht kann sie ja kochen, putzen und eventuell ist sie dann ewig dankbar. Sarkasus off.
Nehmen wir einmal an, dies würde tatsächlich passieren und eine der Damen steigt auf ein derartiges Angebot ein.
Du hast lvana (30 Jahre, noch keine Kinder und seit 5 Jahren in dem Job tätig gewesen) also in die vermeintliche Freiheit gelockt. Sie hat wegen dir ihren Job aufgegeben. Du arbeitest in einem Büro und verdienst gar nicht mal so schlecht. Von deinem Gehalt leben nun allerdings 2 Personen. Wohnung und sonstige Ausgaben zahlst du. Silvana ist beim AMS, bekommt Notstandshilfe und versucht, ihre Lücke von 5 Jahren irgendwie zu erklären um doch noch einen annehmbaren Job zu bekommen. Allerdings ist sie schon lange raus aus ihrem damaligen Job als Sekretärin und hat mittlerweile viel verlernt. Stellen sind knapp, eine kinderlose Frau im gebährfähigen Alter will auch niemand so recht einstellen. Eine Umschulung steht also an. Silvana fühlt sich abhängig, alleine und ungewollt. Du wirst auch nicht ewig dein Gehalt teilen und eine Umschulung braucht einfach Zeit. Diese überbrückt sie mit diversen Arbeiten die allesamt nicht das sind, was sie sich vorstellt. Weder finanziell noch zeittechnisch. Um erneut selbstständig zu sein mit einem eigenen Cafe fehlen ihr die nötigen Rücklagen. Abgesehen davon ist sie nun nicht mehr dauernd bereit für deinen Schwanz und scheint auch einen eigenen Willen zu entwickeln. Sie ist gar nicht mehr die Frau die du kennengelernt hast. Sie entwickelt sich von “skinny Silvie” zu “fat Ivana” und trägt am liebsten Ballerinas oder Gesundheitsschuhe von Heidi Klum. Die minirocktragende, dauerlächelnde Frau ist irgendwie abhanden gekommen. Geblieben ist eine im Jogger, die sich den Wochentag ausrechnet wann sie ihre Haare waschen muss, damit diese beim Vorstellungsgespräch nicht fettig sind. Ein Job ist ausserdem noch immer weit entfernt und so langsam reicht es. Sie macht was sie will und scheint sich nicht so recht verlieben zu wollen. Ziemlich undankbar. Schliesslich zahlst du alles und sie lebt nur in den Tag hinein. Gut, sie geht zur Schulung und schreibt fleissig Bewerbungen, aber irgendwie ist das Zusammenleben jetzt ganz anders als du dachtest… vielleicht solltest du sie raus werfen und dir eine lange Reise nach Thailand gönnen… dort gibt es auch hübsche Mädels die es hier mit dir besser hätten…

Ja, das war sehr negativ und drastisch dargestellt. Eine Beziehung zwischen (ehemaliger) Sexworkerin und (ehemaligem) Kunden kann absolut klappen, allerdings ohne den Hintergrund des “Retters” der die arme Prostituierte freikauft. So etwas funktioniert NIE. Du kannst ein Tier aus dem Tierheim freikaufen, ihm ein Zuhause bieten und Treue erwarten, aber nicht einen Menschen.

Wir Menschen begegnen uns nämlich am Besten auf Augenhöhe. Und die ist nicht gegeben wenn du jemanden “edelmütig freist”.