Im Krankenhaus. In Corona Zeiten. Ein Situationsbericht. – Die dritte Frau
 

Im Krankenhaus. In Corona Zeiten. Ein Situationsbericht.

Ein wenig muss ich meine Energie jetzt aber herunterschrauben, schließlich befinde ich mich in einem Krankenhaus. Ich will hier niemandem versehentlich auf seinen Luftschlauch steigen oder gegen einen Infusionsständer rennen. Ich habe nämlich echt ein Talent, mich wie der Elefant im Porzellanladen aufzuführen.

Eingelassen wird momentan einzeln nach einem kurzen Fiebercheck. Angehörige; Freunde, oder besorgt dreinblickende Taxler mit vollgeblutetem Auto müssen draußen bleiben.

Jackpot, ich darf rein, da ich kein Fieber habe, oder irgendwelche verdächtigen Atemgeräusche. Eh klar, ich hab mir die Hand verletzt. Ausgerechnet jetzt. Igor ist unschuldig. Der Gartenzaun wars.
Der typische „Krankenhaus“-Geruch steigt mir in die Nase und raubt mir augenblicklich den Atem. Widerlich.

Endlos lange Gänge schlängeln sich durchs Gebäude. Dicke, bunte Linien am Boden weisen den Weg zu den einzelnen Stationen. Mein Blick verlässt die Linien und wendet sich wieder der Eingangshalle zu. Lustlos torkelt ein Patient im Morgenmäntelchen durch die riesige Halle. Er mustert mich mit besessenem Blick. Noch bevor ich flüchten kann, schwankt der Mann schon auf mich zu. Als er vor mir steht, lallt er mir direkt einige überraschend unbekannte Fakten über Katzen entgegen und lässt zufällig ausgewählte Verben beim Sprechen einfach weg. Sieht so aus als ob er etwas verwirrt wäre. Was tun die ihren Patienten hier nur ins Wasser? Das ist ja unheimlich.

Geschwind drücke ich mich im besagten 1,5m-Abstand um den Verwirrten herum und verschwinde in Gang B – Richtung Notfallambulanz. Als ich beim Brunnen vorbeikomme, schnappe ich mir noch einen Becher Wasser. Zu Testzwecken. Man weiß ja nie…
Mit dem Becher in der Hand bugsiere ich mich an Patienten und hektischen Ärzten vorbei. Um mich herum herrscht reges Treiben. Sachte gleitet der Stoff eines Kittels an meiner Hand entlang. Kühl und flüchtig. Ich möchte heute definitiv nicht hier sein, muss aber. Scheiss Gartenzaun. Ich bin gereizt und auf alles sauer. Hackeln darf ich nicht, im Seuchenzentrum Nummer 1 hocke ich nun, neben einem der auch noch permanent blutet. Wah.
Könnt mich bitte jemand jetzt wecken. Es wäre wirklich Zeit.

Warum ich den kurzen Bericht schreibe?

1. Weil ich immer wieder wilde Theorien und Videos finde, in denen Menschen in ein Krankenhaus gehen und dort leere Gänge filmen um damit aufzuzeigen, dass alles ruhig und leer ist. Ja, diese Gänge gibt es hier auch. Auf den diversen Bettenstationen. Dort sieht es tatsächlich so aus, als wäre jeglicher Betrieb eingestellt und das Virus nichts weiter als Fiktion. Diese Stationen haben aber auch sonst kein Halligalli, sondern maximal Besucher die um bestimmte Uhrzeiten die Gänge fluten.
Beim SMZ Ost herrscht rege Betriebsamkeit, überall wird penibel auf den Abstand geachtet, es wird eine Eingangskontrolle durchgeführt und im Inneren des Gebäudes hängen mehrere Infoblätter zum Corona Thema. Angehörige stehen zuhauf vor den Türen und warten teilweise stundenlang auf ihre Liebsten. Patienten dürfen momentan nur eingeschränkt (wenn überhaupt!) besucht werden. Das klingt alles so abgespaced, aber es ist real.

2. Weil mein Finger gebrochen ist und ich einfach ein wenig Mitleid erwarte.

Danke. Habe fertig.