KOKS. NUTTEN. PARTY! Unser lifestyle.

Jeder hat eine Meinung zu einem gewissen Thema. Auffällig ist dabei, dass immer die eine festgefahrene Meinung haben, die keine Ahnung haben.
Der Klassiker unter den Meinungsfetischisten sind zB die kinderlosen Paare die gerne den Vollzeitmamas Ratschläge geben. Oh – auch absolute Kapazunder sind Teenager. Wenn man etwas wissen will… egal was (!): einfach fragen. Sie wissen alles. Das Zahnspangen- und Pickel-Orakel kennt ALLE Antworten.
Ich wette jeder kennt jemanden mit so einer “Meinung”. Aber was meinen die Leute zum Thema Prostitution?
Wie sieht der Hurenlifestyle denn nun wirklich aus?
Koks, Party, Exzess?
Zuhälter, Gewalt, Angst?
Ungebildete Nuss, hübsch aber doof, nach Volksschule und 3 Tanzstunden als Sexworkerin angeheuert?

Was viele denken was ich tue:
Ich sitze den ganzen Tag in einem verrauchten, dunklen Zimmer und kokse solange, bis der nächste Kunde kommt. Nach meinem dritten Cafe und ein paar Gläsern Wein bin ich dann auch endlich richtig in Stimmung. Ich mache diesen Job natürlich um meine überbordende Geilheit zu befriedigen und meine verkorkste Kindheit im Heim zu kompensieren.
Wirklich andere Jobchancen habe ich nicht, da ich die Hauptschule abbrechen musste wegen meiner zweiten “trotz Pille”-Schwangerschaft.
Ich arbeite nur nachts, da ich tagsüber ausschliesslich meinen Rausch ausschlafe.
Nach etwa 10 Schichten Makeup fühle ich mich erst wie ein Mensch und gehe in meiner spärlichen Freizeit gern shoppen um das Geld nur so raus zu hauen. Ich trage dabei immer sehr hohe Schuhe, Netzstrümpfe und ultrakurze Kleidchen. Ich finde, das ist das richtige Outfit für jeden Anlass. Shoppen, fein essen, Beerdigungen. Immer passend.
Außerdem habe ich schon seit längerem ein Auge auf die Männer meiner Freundinnen geworfen. Die sind so scharf, dass ich nicht widerstehen kann. Sollte sich da mal was ergeben, trage ich vorsichtshalber auch nie Unterwäsche. Allzeit bereit eben…
Mein Lieblingslied ist ”Weilst a Herz host wie ein Bergwerk”.
Kalt. Nass. Finster. In meinem Fall.

Was Igor denkt was ich tue:
Liegt sie ganze Tag in Zimmer, schläft sie viel. Lachen und reden mit Männer. Bisschen arbeiten, bisschen Spass, dann wieder viel lachen, viel reden. Abends kommt zu mir, sagt ist müde. Müde von was? Von liegen und lachen???

Was Männer denken was ich tue:
So cool, den ganzen Tag nur Party und dafür bezahlt werden. Das würde ich auch gerne machen. Jeden Tag würde ich arbeiten und soviele Orgasmen haben, bis ich fast platze. Der absolute Traumjob! Quasi Party all day and night. Hätte ich eine Muschi, DAS wäre mein Ding. Was soll denn da dran schwer sein? Ich würd einfach die Sau raus lassen. Ausschlafen, ein wenig arbeiten und dann ganz relaxt den Abend ausklingen lassen. Schade, dass das für uns Männer nicht funktioniert. Ich würde so gern mit ihr tauschen.
Dicke oder für mich unappetitliche Frauen würd ich natürlich auslassen. Und alle die nicht rasiert sind. Und wenn ich keine Lust hab, dann arbeite ich auch nicht. Oder wenn ich krank bin. Oder das Gegenüber nicht 100 Prozent mein Fall. Oder wenn wer komisch riecht. Oder komische Wünsche hat. Also sowas würd ich nicht machen. Nur die feschen. Und mit denen dann natürlich nur was ich auch mag. Also eigentlich geht´s ausschliesslich nach mir. Was für ein Traumjob. Hachja…

Was Feministinnen denken was ich tue:
Ich werde von meinem Zuhälter um Punkt 10h ins Laufhaus gebracht und mit ein paar festen Ohrfeigen aufs Zimmer befördert. Nachdem ich meine blauen Flecke mit Makeup abgedeckt habe und nicht mehr weine, kommen auch schon die Kunden im Minutentakt daher. Mein Verdienst ist sehr gering, da ich auf Quantität statt auf Qualität achten muss, mein Zuhälter wartet schließlich vor der Tür und kassiert alle paar Stunden fast mein komplettes Geld ein. Er verwaltet das. Sagt er. Er ist so ein toller Mann, ich liebe ihn. Und er liebt mich. Das sagt er mir jeden Tag.
Nach stundenlangen bezahlten Vergewaltigungen von diversen Männern dusche ich mich ausgiebig um die Scham abzuwaschen und lasse mich todmüde vom Strizzi in meine kleine
1-Zimmer-Wohnung bringen. Er muss noch irgendetwas erledigen und kommt erst morgen früh wieder. Ich glaube er arbeitet vielleicht im Schichtbetrieb einer Fabrik oder so. Ich weiss es nicht. Ein wirklich braver Mann. Immer auf Tour für unsere gemeinsame Zukunft. Zuhause angekommen nehme ich ein paar Schlaftabletten und Psychopharmaka gegen all meine psychischen Störungen und schlafe zitternd vor Angst ein. Hoffentlich rettet mich mal eine Feministin aus dieser Hölle. Dieser Gedanke gibt mir Kraft.

Was ich wirklich tue:
Ich fahre mit lauter Musik und meist gut gelaunt ins Laufhaus, frühstücke, dusche und drehe mein Schildchen von besetzt auf frei. Whatsappe mit ein paar Kolleginnen und schaue TrashTV mit einem Smoothie in der Hand.
Ich frage mich natürlich so Sachen wie “Wer kommt? Ist er nett und gepflegt? Werde ich heute gut verdienen?” Immerhin muss ich ja meine Fixkosten sowie die Miete bezahlen können.
Wenn jemand läutet linse ich durch den Spion um einen ersten Eindruck zu bekommen. Ist der erste Eindruck schon nix, lasse ich die Tür einfach zu und fläze mich wieder auf mein Bett. Wenn alles zu passen scheint, bitte ich den Kunden herein und wir besprechen kurz die Wünsche sowie den Preis dafür.
Manche bleiben, manche wollen noch eine Runde drehen oder man wird sich nicht einig. Völlig stressfrei.
Die, die bleiben gehen duschen, zahlen, geniessen das Service und verabschieden sich wieder höflich. Meist wird noch nett geplaudert danach oder davor.
Ich wechsle dann die Handtücher und mein Leintuch, entsorge anfallenden Müll und gehe duschen. Unaufgeregt. Locker. Die Handgriffe sitzen, ich habe für alles hier eine gewisse Routine intus. Nicht anders als eine Sekretärin oder Ärztin.
Abends schließe ich die Türe und gehe nach Hause. Ich schalte komplett ab, ich kann mich nicht mal erinnern wer oder wie viele da waren. Es ist auch nicht wichtig. Eine Verkäuferin wird sich auch nicht erinnern, wieviele am Montag eine Leberkässemmel gekauft haben. Ausser es war ein sehr spezieller Kunde, dann vielleicht. Sonst aber nie. Es belastet mich also nicht.
Natürlich muss man für den Beruf prädestiniert sein. Aber das muss man für jeden Beruf sein den man ausüben möchte. Somit auch nicht sonderlich ungewöhnlich. Das einzige was ich für mich herausgefunden habe ist, dass ich zwischendurch vermutlich mehr Pausen benötige als eine normale Angestellte. Mindclearing nenne ich das dann. Das kennen bestimmt viele die in sehr direktem, engen Kontakt zu Menschen stehen…