Feministinnen… und ich…

Die selbst ernannten Heldinnen, Retterinnen und Weltverbesserinnen… hachja… ein ewig aufreibendes Thema für mich. Ich bin selbst eine starke, selbstständige Frau. Vielleicht sogar Feministin, aber zu dieser Sparte möchte ich irgendwie nicht mehr dazu gehören, wenn ich so lese und höre was diese Superfrauen über mich und meinen Job sagen.
Demnach bin ich nämlich eine unterdrückte, vergewaltigte, hilflose Frau die sich dem Patriarchart komplett unterwirft. *schluchz*
Ich muss mich also bei euch mal auskotzen und hoffe, einiges endgültig richtigstellen zu können.
Liebe Frau Schwarzer: MITLESEN (ich habe ihr übrigens eine leicht abgewandelte Fassung dieses Textes per Mail gesendet und bin gespannt ob sie reagiert).

Kurzfassung – für all jene die meine Meinung in einer kurzen WC-Lese-Session unterbringen müssen:
Nur weil man für die Rechte der Frauen kämpft, heißt das nicht, dass man vollkommen bockig mit dem Kopf durch die Wand rennen muss. Ich finde es nicht fair, dass man unsere Gruppe immer ungehört lässt. Was man liest oder mitbekommt sind dann meist die “ganz oagen” Sachen. Die erwürgte, geschlagene oder vergewaltigte Hure. Aber – wie oft passiert das? Viel häufiger passiert diese Form der Gewalt nämlich in der Familie – durch den eigenen Partner.
Ergo: was für einen Prozentsatz repräsentieren diese Schlagzeilen/Reportagen? Wieso kann man nicht einfach leben und leben lassen. Gerade die, die sich freiwillig für diesen Beruf entscheiden. Vielleicht sollte man diese Frauen ausreden lassen, bevor man sie in die Illegalität zu drängen versucht…
Man sollte hin und wieder die Scheuklappen abnehmen. MIT den Menschen reden, statt ÜBER sie. Dies gilt in jedem Bereich des Lebens.

Einfache Fassung – für all jene die auf lebensnahe Beispiele stehen:
Wir sind in einem Krankenhaus.
Ich erkläre der fassungslosen Pflegerin, dass ich sie da raus hole, da sie unter einem männlichen Chef arbeitet und sich doch nicht so billig dem männlichen Patriarchart unterordnen soll. Sie muss hier keine Menschen wickeln oder Kotze wegmachen… das ist erniedrigend und ekelhaft. Sie tut das bestimmt nur, weil irgendwelche Männer (Chefs. Sind ja immer männlich!) dies wollen. Sie kann auch beim Billa arbeiten, oder beim Friseur, oder woanders. Ganz egal. Es kann ja niemals sein, dass sie das hier gerne macht! Sie macht das des Geldes wegen. Eine Studie (gäbe es denn eine) würde besagen, dass 90 Prozent der Pflegerinnen Schlafprobleme haben wegen der vielen Tag/Nachtschichte, rund 60 Prozent wären sexuellem Missbrauch (Grapschigrapschi durch Patienten oder anzügliche Bemerkungen vom Oberarzt) ausgesetzt… oh – und 15 Prozent davon hätten darum keine Partnerschaften. *fest nicken*
Die Pflegerin erklärt mir, dass es gute und schlechte Tage gibt und es sie nicht stört, wenn sie mal die Kotze wegwischen müsse. Es gehöre eben dazu und sie würde es schätzen, diesen Job machen zu dürfen.
Ich: Papperlapapp, du kommst jetzt mit mir mit, weil ich dich unbedingt retten will, da ICH mir für MICH nicht vorstellen kann, dass MIR dieser Job gefallen würde. Darum nehme ich an, dass dieser Job niemandem gefallen kann… ich meine ich hab keine AHNUNG davon, aber… das ist ja grauslich.
Und genauso entmündigend gehen Feministinnen mit uns um. Eine ziemlich gschissene Einstellung eigentlich.

Langfassung – für alle die normalerweise die Presse, den Standard oder Hesse lesen:
Punkt 1) Ich verstehe absolut nicht, wie man über eine Berufsgruppe reden kann, ohne wirklich Ahnung von diesem Job zu haben. Selbst wenn ich (als SEXWORKERIN!) erkläre, dass es mir fabelhaft geht und ich diesen Job (und keinen anderen auf der Welt, ausser vielleicht Milliardärstochter!) lieber machen würde… selbst dann widerspricht mir eine dieser Radikalen heftigst und argumentiert doch ernsthaft, dass ich nicht repräsentativ wäre. Weil nämlich die “normale” Prostituierte doch ein armes Hascherl ist. Mit Zuhälter und “Schmersen ganse Körpa, immer Schmersen und Aaaaangst gaaaans viele”.
Nein, in Österreich ist das definitiv NICHT so. Natürlich gibt es Frauen die dazu gezwungen werden. Fürchterlich.
Aber würde ein generelles Verbot der Prostitution diesen helfen?
NEIN, denn Menschenhandel ist ja ohnehin schon illegal und passiert trotzdem.
Wieso darf ich nicht arbeiten wofür ich mich aus freien Stücken entschlossen habe?
Wieso muss ich mich dafür rechtfertigen?

Punkt 2) Man kommt mir immer wieder mit Studien. Xy % der Prostituierten wurden sexuell belästigt, xy % nehmen Drogen, xy % haben Depressionen…
Ja, alles schön und gut. Aber wer macht solche Studien für “normale” Mitarbeiterinnen in Banken, Handel und anderen Branchen? Warum werden solche Umfragen im Rotlicht durchgeführt? Nimmt man automatisch an, dass man nicht ganz dicht sein kann als Frau wenn man so einen Job macht?
Laut einer representativen Umfrage waren 74,2% der Frauen in Österreich von sexueller Gewalt/Belästigung betroffen, 12% der 30-40 jährigen Frauen weisen eine psychische Störung auf.
Wie hoch der Tablettenkonsum vieler “normaler” Frauen ist, habe ich leider nirgendwo finden können. Ich wollte hier eigentlich nur anführen, dass diese Attribute nicht nur in unserem Milieu zu finden sind, sondern weit verbreitet.

Punkt 3) die meisten wollen raus aus der Szene.
Aha. Na dann. Aussteigen und etwas anderes arbeiten.
Es hält dich niemand in diesem Metier. Die Zeiten der Sklaverei sind vorbei und jede hat dank verschiedener Institutionen die Möglichkeit auszusteigen, Unterstützung zu beantragen und umzuschulen. Der Grund warum die meisten dies nicht schaffen:
das liebe Geld.
Hier geht es nicht um fehlende Chancen oder prügelnde Strizzis.

Punkt 4) Freier gehören bestraft
Weswegen? Weil sie eine Dienstleistung die für beide Seiten ok ist in Anspruch nehmen???
Ist das nun in anderen Dienstleistungsbranchen auch so?
Werde ich jetzt bestraft, wenn ich mich massieren lasse. Wie darf ich mir das dann vorstellen? Prescht dann die Polizei mitten in meine Ayurveda-Massage rein, reißt Adam (den Masseur) von mir weg und gibt mir einen Strafzettel, weil ich den armen, traumatisierten Adam dazu nutze, meine Lust auf Entspannung zu befriedigen?

Punkt 5) Das Frauenbild wird durch käuflichen Sex massiv geschädigt
Bitte??? ich bin eine sogenannte neue Selbstständige, verdiene mein Geld selbst, muss nicht bei meinem Mann um Einkaufsgeld betteln gehen und habe das Recht, gewisse Handlungen oder unliebsame Kunden abzulehnen. Niemand jagt mich mit brennenden Fackeln und Mistgabeln durchs Dorf (wobei das irgendwie geil wäre). Ich fühle mich als Frau in keinster Weise benachteiligt durch meinen Job und sehe auch nicht, wo genau ich das öffentliche Frauenbild in den Dreck ziehe? Ich bekomme Geld für eine vorher besprochene Dienstleistung. Ich bestimme was genau gemacht wird und was nicht.
Das Frauenbild wird geschädigt durch massiv aufmerksamkeitsheischende Aktionen wie zB das Ändern der Hymne oder das Kritisieren von Werbung auf der eine Frau sexy abgebildet ist. Wenn du eine selbstbewusste Frau bist, kümmert es dich nicht, ob du in einer Hymne auf dein Land explizit erwähnt wirst oder ob ein weibliches Model in Unterwäsche für Bier posiert.
Wayne interessierts?
Wir haben ganz bestimmt andere Missstände im Lande die dringend behoben werden sollten. Unser Problem sind sicherlich nicht die Rotlichtlokale oder silikonbestückte Models auf Instagram. Unser Problem ist, dass wir nicht aufhören können mit dem Finger auf alles zu zeigen was “anders als wir” lebt/aussieht/ist.